Themenreihe "Die Taube in der Symbolik"                                    Teil II: Fliegende Briefträger & Kriegshelden

Wer heute eine Nachricht verschicken will, der nutzt üblicherweise die Email, sein Smartphone oder andere technische Geräte (oder vielleicht auch den Post-Brief). Früher aber, also vor hunderten und tausenden von Jahren gab es all das nicht, doch die Notwendigkeit des Überbringens von Nachrichten bestand bereits, vor allem im Bereich des Handels und des Militärs.

 

 

Bereits vor etwa 7.000 Jahren begann die Domestikation der Taube und mit den Sumerern wurde die Taube erstmals nachweislich zur Übermittlung von Nachrichten eingesetzt, indem sie den mesopotamischen Boten mitgegeben und im Falle eines Angriffes freigelassen wurden, sodass eine rasche Mobilisierung der eigenen Streitkräfte möglich war. Auch im alten Ägypten wurden Tauben zur Übermittlung von Botschaften eingesetzt, doch wurde bei diesen ersten Schritten noch keine Nachricht im eigentlichen Sinne übermittelt, sondern die Ankunft der Taube selbst war die Nachricht, deren Bedeutung natürlich bekannt sein musste.

 

 

Aristoteles war der erste, der eine Beschreibung der Taubenzucht verfasste und gerade in Griechenland waren Tauben beliebt, da sie so ziemlich alle Ziele leicht erreichen konnten. Gewann beispielsweise ein Sportler bei den Olympischen Spielen, so konnte er einen Teil des Zielbandes an den Fuß der Taube binden, welche dann durch ihre Rückkehr in die Heimat den Sieg des Sportlers verkündete. Die erste schriftlich übermittelte großflächige militärische Nutzung von Botentauben erfolgte durch Gaius Julius Caesar, der bei seinen Feldzügen durch Gallien die Tauben nutzte, um seine Truppen schnell befehligen zu können. Im 4. Jahrhundert waren im Römischen Reich zeitweise bis zu 5.000 Brieftauben unter staatlicher Obhut.

 

 

In Asien nutzten zum Beispiel Inder und Chinesen Boten-Tauben und letztere bauten auf der Grundlage der Tauben sogar ein ganzes Postwesen. Auch während des Mittelalters (also etwa von 500 – 1500 n.Chr.) wurde die Taube, hier und da mal mehr und mal weniger, als Bote genutzt, ausführlichere Informationen über diese Zeitspanne gibt hier nachzulesen.

 

 

Interessant ist auch die Tatsache, dass selbst in den beiden Weltkriegen eine teils enorm große Anzahl an Brieftauben genutzt wurde. Alleine im ersten Weltkrieg dienten schätzungsweise 200.000 Tauben verschiedenen Nationen als Luftpost. Die deutsche Armee nutzte sogar mit zeitgesteuerten Miniaturkameras ausgerüstete Spionagetauben, um die feindlichen Linien zu erkunden. 1916, während der Schlacht um Verdun, wurde die Festung von Vaux belagert. Als feststand, dass die Besatzung kapitulieren müsse, sendete der Garnisonskommandant seine letzte Brieftaube mit der Nachricht der bevorstehenden Kapitulation aus. Obwohl sie während des Fluges nach Verdun Giftgas einatmete, kam sie in der Festung an und war damit die einzige Überlebende und erhielt Medaille, Urkunde und eine Informationstafel, die noch heute zu besichtigen ist.

 

 

Eine andere Botin im 1. Weltkrieg war Cher Ami, eine Brieftaube des United States Army Signal Corps, die ebenfalls in Frankreich eingesetzt wurde. Insgesamt transportierte sie zwölf wichtige Briefe und starb, nachdem sie während ihrer letzten Mission unter Sperrfeuer geriet und an der Brust schwer verletzt wurde. Da sie trotz ihrer Verletzung ihre letzte Botschaft übermittelte, konnten 194 Soldaten gerettet werden. Daher erhielt sie nach ihrem Tod mehrere Auszeichnungen (unter anderem wurde sie in die Racing Pigeon Hall of Fame aufgenommen) und ist heute präpariert im National Museum of American History des Smithsonian Museums ausgestellt. Ihr Name „Cher Ami“ bedeutet „Lieber Freund“ – der typische Anfang eines französischen Briefes.

 

 

Ein Held des 2. Weltkrieges wurde G.I. Joe, der tausenden Menschen das Leben gerettet haben soll. G.I. Joe war in Nordafrika und Italien stationiert und erlangte durch seinen Einsatz im Oktober 1943 im italienischen Calvi Vecchia Legendenstatus, indem er für die britischen Brigaden die Nachricht der schnellen Eroberung der Stadt den verbündeten Amerikanern mitteilte. Diese waren kurz davor, zur Luftunterstützung Kampfflugzeuge loszuschicken, was vermutlich vielen Menschen das Leben gekostet hätte.       1946 wurde er daher für seine Dienste ausgezeichnet und verbrachte den Rest seines Lebens im Zoo von Detroit, wo er erst 1961 im stattlichen Alter von 18 Jahren verstarb.

 

 

Manch eine Botentaube aus dem 2. Weltkrieg gibt aber auch heute noch Rätsel auf. So entdeckte der Brite David Martin im Kamin seines Hauses im englischen Surrey die Überreste einer Taube. An ihrem Bein trug sie, von einer roten Kapsel geschützt, eine Nachricht. Während normalerweise die Nachrichten uncodiert verschickt wurden, war diese allerdings verschlüsselt, womit die Nachricht vermutlich von großer Bedeutung war. Geboren 1940, wie der Ring preisgab, wird heute vermutet, dass die Taube am 6. Juni 1944 am D-Day im Einsatz war und von Frankreich aus auf die Heimreise geschickt wurde. Ein mögliches Ziel seiner Reise könnte der 130 nördlich von Martins Haus gelegene Bletchley Park gewesen sein, wo Nachrichtencodes der Nationalsozialisten entschlüsselt wurden und sich außerdem ein Taubenschlag des Geheimdienstes MI6 befand. In dem sich heute dort befindenen Museum gibt es unter anderem eine Ausstellung über Tauben im Kriegseinsatz. Obwohl rund 250.000 Tauben von der Royal Air Force trainiert wurden, wurden nur wenige Botschaften verschlüsselt verschickt und bisher konnte die Nachricht nicht entschlüsselt werden.

 

 

Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Bedeutung der Taube als Bote rapide ab (die Amerikaner nutzten sie zuletzt im Koreakrieg) und mit der Aufgabe ihrer Brieftaubenabteilung schaffte 1997 die Schweiz wohl die letzten militärisch genutzten Tauben ab. Erfreulicherweise werden die Eigenschaften der Taube heute nur noch in sportlichen Wettbewerben genutzt oder über einen zivilen Einsatz nachgedacht (z.B. das Messen der Ozon- und Feinstaubbelastung in Städten mithilfe kleiner, an den Tauben angebrachter Sensoren).